Mittwoch, 1. Januar 2014

Anderer Advent

Advent? Der ist doch gerade endlich wieder vorbei, oder? - Nun ja, nicht wirklich. Überstanden ist (große Erleichterung!) tatsächlich wieder einmal der Klingglöckchen-im-Kaufhaus-Advent. Uff! Dann haben wir doch jetzt die Hände frei, um aus vertrocknenden Tannenzweigen und zerknülltem Geschenkpapier wieder den anderen, eigentlichen Advent freizulegen...

Eine große Hilfe ist mir  dabei in den letzten Jahren ein besonderer Adventskalender: der Andere Advent. Ein Kalender, der schon rein äußerlich über die Adventszeit hinausreicht, nämlich bis zum Dreikönigstag im neuen Jahr. Mit Texten und Bildern, die zu einem Advent, einem Erwarten einladen, das weit über die Weihnachtszeit hinausgeht. Wie zum Beispiel dieser Text aus den letzten Tagen:

Anbeginn

Mein Leben setzt sich zusammen:
Ein Tag wie dieser. Ein anderer Tag.
Glut und Asche und Flammen.
Nichts gibt es, was ich beklag.

Früher hab ich so gefühlt:
Irgendwas Großes wird sein.
Inzwischen bin ich abgekühlt:
Es geht auch klein bei klein.

Was soll schon Großes kommen?
Man steht auf, man legt sich hin.
Auseinandergenommen,
Verlieren die Dinge ihren Sinn.

Doch manchmal sind solche Stunden
Von Freiheit vermischt mit Wind.
Da bin ich ungebunden,
und möglich wie als Kind.

Und alles ist noch innen
In mir und unverletzt.
Und ich fühle: gleich wird es beginnen.
Das Wunder kommt hier und jetzt.

Was es sein soll? Ich kann es nicht sagen.
Und ich weiß auch: das gibt es gar nicht.
Aber plötzlich ist hinter den Tagen
noch Zukunft ohne Pflicht.

Und frei von Furcht und Hoffen,
Und also frei von Zeit.
Und alle Wege sind offen.
Und alle Wege gehn weit.

Und alles kann ich noch werden,
Was ich nicht geworden bin.
Und zwischen Himmel und Erden
Ist wieder Anbeginn.

Eva Strittmatter
 

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