Montag, 19. Oktober 2009

Wir haben's

Nun sind die bahnhofsuhrgroßen Gesichter längst wieder von den Wänden entthront, die Laternenpfähle befreit, die Flyer in den Kehrmaschinen verschwunden und die Spam-Mails gelöscht, Siegerjubel und Verliererklage sind den nächsten Streitthemen gewichen, der Koalitionspoker ist fast geschafft, und die Freiheitlich-Demokratische Unordnung geht in eine neue Runde.
Von der Doppelwelle Wahlwerbung unsanft überrollt, erstmal kräftig nach Luft geschnappt, inzwischen wieder zu Atem gekommen, und jetzt doch ein kurzer Blick über die Schulter, der zum Vergessenshorizont eilenden Welle hinterher: an welches Wahlplakat kannst Du Dich denn jetzt noch erinnern?
Naja, es kann ja auch nicht jedes so perfekt sein wie dieses von - weiß nicht genau - 2002 oder so:


Zumindest 2 Laternenpfahlplakate zur Bundestagswahl haben die Eingangskontrollen zu meinem Langzeitgedächtnis überwunden. Beide prahlen unter einem Frauenportrait mit selbstbewusstem "Wir haben..." - und das war's dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten.

Es war einmal... Umzug. Karton um Karton, Kleinmöbel, Sitzgruppe, Schrank, Kühlschrank, Waschmaschine, alles zwei Stockwerke treppab und noch ein Stück die Straße lang bis wo Platz für den Anhänger war. Spüre schon beim dritten Karton meinen konsequenten Sportverzicht, und jeder folgende scheint schwerer zu werden. Und jedesmal begegne ich ihr, und freundlich sieht sie mich an und lächelt mir ihren unglaublich passenden Slogan entgegen: "Wir haben die Kraft". Ach, danke...


Das andere war unverkennbar Satire, ganz sicher, das kann gar nicht anders gemeint sein. Schon durch strikten Verzicht auf Ästhetik wird die Verwechslung mit echter Werbung weitgehend vermieden. Wo das noch nicht reicht, sorgt der streitlustige "Na-was-willst-Du-denn"-Blick der unvorteilhaft porträtierten Dame für letzte Klarheit: dieses Plakat will Distanz. Und aus der lese ich (unter einem Namen, den sich keiner merkeln kann): Kanzlerkandidatin. Na gut, der Witz ist nicht ganz neu, "isch kandidiere", das ist ja doch schon eher ein Klassiker bei Wahlsatire. Aber der Slogan ist die Krönung, absolut unübertroffen, so ein genialer Einfall...

Mittwoch, 2. September 2009

Offene Ateliers

Liegt das hier nur so rum, oder ist das Kunst? Bei einem Streifzug durch die Offenen Ateliers kann man schon mal buchstäblich über diese Frage stolpern. Die Künstler geben viel mehr von sich preis als nur ihre Werke: sie offenbaren auch ihre Arbeitsumgebung, eine Ahnung von Ordnung und Chaos ihres Alltags, manchmal auch unvermeidlich einen Teil ihrer Wohnung.

Die Verbindung von vorgefundenem Nursoherumliegen und gezielter Gestaltung mag auch künstlerisches Programm sein. Saatgleich Dahingestreutes ordnet sich in gewollt zufälliger Form. So sah es in La Fábrica aus. Das Gebäude: eine vierstöckige schmutzigweiße Industrieruine, verwaiste Hinterlassenschaft der Lohmann-Werke, seit 2004 künstlerisch belebt von Luise Krolzik. "Ich liebe das Zusammenspiel von Absicht und Zufall" schreibt sie, und das ist in La Fábrica durchaus wiederzuerkennen.

Für mich war's am letzten Wochenende der krönende Abschluss eines Offene-Ateliers-Bummels mit ForbiddenYeah durch den Bielefelder Osten. Nach vielen kleinen jederfußbreitgenutzten Werkstätten und In-der-Wohnung-Ateliers hier nun die Weite von Loftetagen. Darin inspirierende Kontraste von Zerfall und Lebendigkeit, blühende Farben zwischen bröckelndem Putz, Texte der Hoffnung zwischen trostlosen Mauern, Leben erobert die Wüste zurück.


<Nachtrag>
Noch mehr Leben in der Wüste: habe gerade eine Mail mit erntefrischen La-Fábrica-Termininfos bekommen. Siehe Link, hier nur ein kurzes Zitat:
Nach den Offenen Ateliers gibt es wegen großer Nachfrage einen regelmäßigen Öffnungstermin der "La Fábrica":
Mittwochs von 15-17h (5 Euro Eintritt)
OK, nicht so absolut hundertprozentig meine Wunschzeit, aber irgendwann guck ich da ganz bestimmt wieder rein.
</Nachtrag>

Montag, 31. August 2009

Herman am Hermann

Um uns Wald. Aus den Lautsprechern gießt es in Strömen. Die schwarzgekleideten Leute tragen aufgespannte Regenschirme, ragen zufällig über die Lichtung verteilt wie schwarze Pilze aus dem Publikum. Auf der Bühne entlädt sich Gewitter, dann endlich lässt der Regen nach, und die Schwarzen erheben sich zu vielstimmigem Gesang: musikalischer Sonnenstrahl, ein Frühlingslied.

Als die Schirmträger sich wie der Regen im Rinnstein zur Bühne sammeln, ist ohne viel Text schon gesagt, was uns erwartet: ein poetisches Märchen von dunkler Zeit und durchbrechendem Licht, leise Clownerie, die in ernsthafter Leichtigkeit das schwere Thema nicht scheut. Und am Ende wird, wie es sich für ein Märchen gehört, alles gut.

Und es war wirklich gut! Das Musical "Op een dag in september" auf der Waldbühne unter dem Hermann trug unverkennbare Herman-Handschrift - ein schelmisch tiefgründiger Musiker, ein Clown der leisen Töne in einem wunderbar musizierenden tanzenden schauspielenden Team. Ein Spätsommernachtstraum. Lasse die Stimmung des Abends einige Tage später Blog-lesend noch nachklingen...

Dienstag, 16. Juni 2009

Design oder Nichtsign

Es gibt ja so Designpreise für besonders gelungenes Industriedesign, herausragende Harmonie von Ästhetik und Funktion. Recht renommiert etwa der iF Award vom iF Industrie Forum Design. Deren Gold Selection ist auch wahrlich gar schön anzusehen.


Diese Woche nun bin ich im Netz über einen Anblick gestolpert, der mir fast die Sprache verschlug und mir diese eine Frage geradezu entgegenschrie: Wo bitte wird der Antidesignpreis ausgeschrieben, für den man dieses Produkt vorschlagen kann? (Nein, völlig ausgeschlossen, das Bild kann ich hier wirklich nicht einbinden.)

Aber - ich meine - das kann doch niemandem einfach so passiert sein.
Ich hab's: das ist echtes IronieDesign®. Diese wohlkalkuliert prickelnde Dissonanz zwischen HighTech und LowTaste, das ist Kunst! Konsequente Fortführung des in der zeitgenössischen Kunst vorangetriebenen Ausbruchs aus den traditionellen Formen und Ausdrucksmitteln, Befreiung der Kunst aus dem musealen Reservat. Pink als gezielt zweideutige Chiffre subversiver Konsumkritik. Allein diese Speicherkarte: welch ein Symbol!

<Nachtrag>
Habe mich zwischenzeitlich mal etwas bei Fuji umgesehen (alles so schön bunt hier) und bin dort auf den Pressetext zum "Finepix J20 Love Pack" gestoßen. Der Text ist offenbar als immaterieller Bestandteil des Kunstwerks konzipiert - eine interessante cross-mediale Komposition. Raffiniert, wie hier der erste Absatz die ansonsten nur nonverbal transportierte Gender-Thematik des Werks pointiert.
</Nachtrag>

Dienstag, 9. Juni 2009

Die Ente vom Huhn

Noch ein Kult-Geburtstag: heute vor 75 Jahren wurde Donald Duck geboren. Naja, was man so alles als Geburt bezeichnet: eigentlich hatte er an diesem gefeierten Datum seinen ersten öffentlicen Auftritt in dem Siebeneinhalb-Minuten-Filmchen "The Wise Little Hen". Da war - noch recht unspektakulär und in einer nicht gerade schmeichelhaften Nebenrolle - "ein Star geboren".


Die "Geburts"-Jahreszahl 1934 weckt bei mir erstmal ganz andere Assoziationen: Ruhe vor dem Sturm, in der sich ein verheerendes Gewitter zusammenbraut. Das nationalsozialistische Deutschland wirft störende Reste von Gewaltenteilung über Bord. Härte, Stärke, Sieg waren zu Göttern erhoben.
Vor diesem Hintergrund ist das launische Tier ein kleines Zeichen der Menschlichkeit: dass aus jenem Jahr ausgerechnet dieser Verlierertyp überdauert hat, der flugunfähige Pechvogel, Ente statt Adler.

Hier ist die wenig heroische Premiere des Antihelden, der zu einer Ikone der Popkultur werden sollte:

Sonntag, 7. Juni 2009

Bauklötze

Herzlichen Glückwunsch dem Prototypen der kampflosen Computerspiele: Tetris ist 25 geworden. Und hat in dieser Zeit doch einen beachtlichen Kultstatus erreicht.
Zur Feier des Tages vielleicht ein kleines Spiel gefällig?
Viel Spaß!

Donnerstag, 4. Juni 2009

Knockin' on Heaven's Door

Schnappschuss aus meinem Tag: ein paar stille Minuten nach dem Abendessen, ein Sofaplatz, ein Becher Tee, ein Buch...

Drei Leute kamen vor dem Tor des Himmels an. Einer von ihnen, ein sehr gut gekleideter Mann, trug einen großen Sack bei sich. "In diesem Sack", erklärte er, "ist der Reichtum meines ganzen Lebens." Er klopfte liebevoll darauf. "Wenn dieses Sümmchen und ein bisschen geschickte Feilscherei mich nicht durch dieses Tor bringen, dann weiß ich nicht, was sonst. Und um der religiösen Seite auch gerecht zu werden, habe ich auch mein Herz mit hineingelegt, sodass sie alles zusammen haben können, wenn sie wollen. So!"

Die zweite Person war eine fromm aussehende Frau in schlichten abgetragenen Kleidern. Sie trug einen viel kleineren Sack. "Ich habe keinen großen Reichtum gesammelt", sagte sie mit schwacher, abgekämpfter Stimme. "Unser Herr hat uns gesagt, dass wir Schätze im Himmel sammeln sollen, und deshalb habe ich mein Leben im Dienst für andere verbracht."
"Was haben Sie in Ihrem Sack?" wollte der reiche Mann wissen.
"Meine Buchhaltung", erwiderte sie mit bescheidenem Stolz. "Notizbücher, Listen und Kontenbücher, in denen jede gute Tat und jede liebevolle Handlung aufgezeichnet ist, die ich je vollbracht habe. Die werde ich zusammen mit meinem Herzen vorlegen, das ich wie Sie mit hineingelegt habe, für den Fall, dass es nötig sein sollte."

Die dritte Person, ein erschöpft aussehender Bursche, der nur einen Lendenschurz trug und mit leeren Händen kam, ergriff nervös das Wort. "Ich habe nichts mitgebracht", sagte er stockend. "In meinem Leben habe ich weder Reichtümer angesammelt noch mich für andere hingegeben wie Sie, Madam. Aber das schlimmste ist, dass ich auch mein Herz weggegeben habe - ich fürchte, ich werde nicht in den Himmel kommen."


Der reiche Mann und die fromme Frau gingen zusammen voraus zum Tor, kehrten jedoch bald zurück, die Gesichter vor Enttäuschung verfinstert. "Man darf kein Gepäck mit durch das Tor nehmen" sagte der reiche Mann traurig. "Und vor dem Tor dürfen wir unsere Säcke auch nicht zurücklassen", schluchzte die Frau. "Wir müssen sie für immer behalten!"

Der Mann im Lendenschurz sah den beiden nach, wie sie langsam davongingen, dann machte er sich selbst auf zum Himmelstor. Sicher, Gepäck hatte er keines, aber sein Herz war verloren. Welche Hoffnung gab es schon für ihn?

Der Engel, der ihm das Tor öffnete, winkte ihn mit einer tiefen Verbeugung herein und drückte ihm dann etwas in die Hand, das leuchtete und glitzerte wie der vollkommenste Diamant. "Das ist deines, glaube ich", sagte er.


aus "Unterwegs in stürmischen Zeiten" von Adrian Plass.

Montag, 1. Juni 2009

Play me "Old King Cole" (Zeitreise 3)

Wieder mal ein Trip in der Zeitmaschine Movie. Und noch einmal die Entfernung gesteigert: 37 Jahre zurück, mitten in die Peter-Gabriel-Phase von Genesis. Auf der Bühne fünf sympathische Italiener: The Watch, die sichtlich Spaß daran haben, einen Sound zu erzeugen, der in freier Wildbahn längst ausgestorben schien. Alles klingt wie die frühen Genesis, sogar - und das fand ich wirklich faszinierend - Simone Rossettis Stimme.

Ungewöhnlich für eine Coverband: neben dem Nursery-Cryme-Programm bringen The Watch auch eigene Stücke mit, die in diesem Jahrzehnt entstanden sind - und die passen stilistisch nahtlos zwischen die Genesis-Werke. Die Beschreibung ihrer Musik auf Wikipedia trifft ziemlich gut den Live-Eindruck dieses Abends.

Kleine Perle am Rande: die Genre-Klassifizierung in dem Wikipedia-Artikel. Retro-Prog ("Prog" für progressive Rock) - "zurück-fortschrittlich" - ist das nicht schön? Fast so schön wie "Ostwestfalen"...

Sonntag, 31. Mai 2009

Nacht der Klänge

Ohrenschmaus aus der Mensaküche. Oder besser: in der Mensaküche. Habe vorgestern bei der Nacht der Klänge einen kleinen Ausschnitt der verborgene Seite der Uni kennengelernt: die Mensaküche von innen. Auch wenn die hier in Bielefeld gar nicht so verborgen ist, wo doch die große Glasfront demonstrativ Offenheit symbolisiert: "Ihr könnt ruhig gucken, hier wird auch nur mit Wasser gekocht." Oder etwa nicht? Wer weiß?


Ja, dieses Foto habe ich tatsächlich in der Uni-Mensaküche geschossen. Aber an diesem Abend ging's ja nun nicht primär ums Essen, sondern um Klänge. Musik sogar. Und die kam zwischen diesen blauweißkarierten Kachelwänden von Yuthuma. Und war ziemlich-schwer-zu-beschreiben-schön. Da lass ich doch einfach den Programmhefttext zu ihrem Auftritt sprechen:

Aus vielen Strömungen entsteht ein Meer aus Klang – dort lebt Yuthuma, eine vierzehnbeinige Indie-Pop-Band. Aus der Liebe zur Vielfalt in diesem Ozean der musikalischen Ideen vereinen sich unterschiedliche Stile und Instrumente immer wieder aufs Neue zu einem Tauchgang für die Sinne. Klänge von Perkussion, Geige und Klarinette durchfl ießen das kraftvolle Fundament aus Schlagzeug, Bass und Gitarre, mit oft mehrstimmigem Gesang und lyrischen Texten.

Montag, 18. Mai 2009

Wolfram Alpha

Heute erblickte - nach reichlich vorgeburtlichem Medierummel - die "computational knowledge engine" Wolfram Alpha das Netz der Welt.

Von manchen selbsternannten Propheten schon gepriesen als der langersehnte Auserwählte, der den übermächtigen Google vom Thron stürzen wird, von anderen kritisch als nächste große KI-Seifenblase beargwöhnt. Eigentlich aber ist Alphas Reich von einer ganz anderen Welt - der Welt der Zahlen nämlich. Alpha ist hemmungslos berechnend.

Wenn Deine Frage im Kern etwas mit (öffentlich verfügbaren) Zahlen oder auch mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakten zu tun hat, stehen die Chancen nicht schlecht, dass Alpha die Antwort weiß. Auch wenn Du vielleicht erst drei Frage-Formulierungs-Versuche brauchst, bis Alpha sie Dir endlich verrät.

Was war der 1.1. des Jahres 1 für ein Wochentag?
Welche Monde gibt es in unserem Sonnensystem?
Wie lauten die ersten 100 Nachkommastellen von Pi?
Wie groß ist eigentlich Sydney,
und wie warm/nass/spät ist es da jetzt?
Was wiegen 12 Liter Milch?
Und wie wird das Wetter morgen in Bielefeld?

Wolfram Alpha wird mit Sicherheit weder Google noch Wikipedia verdrängen, aber ein erster Blick auf das Neugeborene lässt ahnen, dass hier eine Ergänzung heranwächst, deren Möglichkeiten über niedliches Gebrabbel und bloße Spielerei weit hinausgehen.
Alles Gute für dein erstes Lebensjahr, Alpha!

Samstag, 2. Mai 2009

Nachtansichten - Rückblick


Dieses Mal also aus einer ganz anderen Perspektive als in den letzten Jahren: nicht als Zuschauer, Kulturspaziergänger, Nachtschwärmer, sondern in Rollen wie Chorsänger, Fotograf, Galerist, Gastgeber. Habe das Nachtschwärmen durchaus vermisst, aber das war's wert: die Nachtansichten stattdessen gewissermaßen von innen zu erleben, hinter und zwischen den Kulissen, als Mitarbeiter und "Familienmitglied" einer "ganz.schön.offenen" Kirche.
Freue mich, dass das Wagnis, in der Hoffnungskirche einen Nachtansichten-Beitrag anzubieten, so gut gelungen ist. Es war ganz sicher nicht das letzte Mal. Wir haben eine ermutigende Ahnung davon bekommen, was in den neuen Räumen alles möglich ist.

Montag, 30. März 2009

Nachtansichten - Ausblick


Das Nachtansichten-Programmheft ist raus. Und die Hoffnungskirche ist drin. Und schön präsentiert, finde ich. Bin gespannt auf den 25. April, freue mich auf diesen langen Abend.

Freitag, 27. März 2009

M. C. Escher

Heute vor 37 Jahren starb Maurits Cornelis Escher, dem es auf einmalige Weise gelungen ist, andere, nichtreale, unmögliche Welten für das Auge erfahrbar zu machen. An eines seiner unspektakuläreren Bilder erinnert mich ein Foto, das ich vor drei Wochen am Rande der realen Welt geschossen habe:

Donnerstag, 26. März 2009

Der Schrecksenmeister

"Was gewesen und gegangen
Soll jetzt wieder neu anfangen
Was gegangen und gewesen
Soll im Wundersud genesen
Soll im Topfe wiederkehren
Um die Alchimie zu ehren.

Leichengas und Nebelqualle
Mischt euch in der gift'gen Galle!
Zamomin und Spinnenfett
Geist - heb dich vom Leichenbett!
Steige aus dem Kupferkessel
Spreng des Jenseits kalte Fessel!"

So also hört es sich an, wenn man aus den passenden Zutaten ein Gespenst kocht... Zur Zeit entspanne ich mich in Nächte hinein mit dem Schrecksenmeister von Walter Moers. Herrlich skurril, grotesk, schaurig schön, erfrischend unberechenbar. Habe jetzt gerade die Buchmitte durchschritten und genieße jedes Kapitel. Die Zamonien-Romane von Moers kann ich allen, die augenzwinkernd abgedrehte Fantasy mögen, nur wärmstens empfehlen.

Mittwoch, 4. März 2009

CU
BE

Letztes Wochenende war ich mit einer Freundin "auf Rockkonzert" in einem Schuppen in Paderborn - und wohl nur auf wenige Veranstaltungsorte passt diese Bezeichnung besser als auf das (oder den?) Cube. Die Raumgröße nur knapp über "großes Zimmer", von außen kaum mehr als ein unscheinbar schwarzer Lagerschuppen. Vor allem, wenn das Licht über dem Eingang aus ist. Und das war sowas von aus, als wir den Schuppen gut 20 Minuten nach dem auf der Myspace-Seite der Band behaupteten Konzertbeginn "20:00" endlich gefunden hatten. Der ganze Schuppen war aus, oder nein doch nicht, ein paar Soundcheck-Fetzen drangen doch nach draußen, ermutigend, wenigstens hatten wir uns nicht im Datum vertan oder im Universum. Nur "20:00" war glatt gelogen. Oder meinte einfach eine andere Zeitzone, offenbar UTC. Wir hatten also noch über eine halbe Stunde Zeit zum Kaffeetrinken.

Als wir zurückkamen, gab's auch immerhin ein Häuflein Menschen vor dem Eingang, unter dem "aussen" Licht. Und bald darauf oh Wunder ging sogar das Licht an. Das Paderborner Nachtleben erwacht...

Das Konzert selbst war ein Genuss: Lampshade und vorweg YeahButNow! Bester Zweigitarrenrock mit wechselndem Temperament, nicht ohne ruhige Momente, vor allem aber laut und lebensfroh. Das Warten hat sich gelohnt!


<Nachtrag>Was sich übrigens irgendwie gar nicht gelohnt hat, war, die Kamera mitzunehmen. Blitzfotos wollte ich nicht machen, und das Bisschen available Light war fast komplett eintönig rot. "Kann Spuren von Lightshow enthalten" hätte in den Konzertankündigungen stehen können. Und ausgerechnet hier fragt mich Kamerataschenträger doch ein junges Pärchen ("Darf ich 'du' sagen?"), wie sie denn mir ihrer frisch geschenktbekommenen Digitalspiegelreflex gelungene Konzertfotos hinkriegen. Ja wenn ich das mal selbst wüsste... Zumindest bei YeahButNow! hab ich's trotzdem probiert, und dies hier ist nach dem Scharf-abgebildete-Gesichter-Index das gelungenste von allen.</Nachtrag>

Freitag, 27. Februar 2009

Suchen was trägt

Ent- und spannende Fastenzeit: heute haben wir in einer kleinen Gruppe in der HoKi mit schönem Material vom Bistum Hildesheim vier Wochen Exerzitien im Alltag begonnen. Die Mappe ist randvoll mit Anregungen zur täglichen Besinnung, Stille, Gebet. Und einmal in der Woche treffen wir uns als Gruppe und teilen unsere Erfahrungen - wo wir Tragendes gefunden haben oder noch vermissen. Ein bereichernder Blick über unseren konfessionellen Tellerrand. Eine von vielen guten Möglichkeiten, die Fastenzeit, dieses jahreszeitliche Niemandsland zwischen Winter und Frühling, mit Leben zu füllen. Eine Chance und Hilfe, die Sinne zu schärfen für das, was da unscheinbar wächst, innen und außen.

Donnerstag, 19. Februar 2009

1234567890

Achtung: jetzt kommt was mit Zahlen und Computer und so.
Wer bei der Zusammenrottung von mehr als 3 Ziffern ein Versammlungsverbot für Zahlen herbeisehnt, darf jetzt leise aufstehen und ohne die anderen zu stören rausgehen. Gar kein Problem, komm einfach zum nächsten Eintrag wieder, Du bleibst herzlich willkommen!


Um die "Jahrtausendwende" Silvester 1999 / Neujahr 2000 wurde ja viel Trara gemacht, alles ganz euphorisch, lasst uns das Tor zur Goldenen Zukunft ® aufstoßen.
Dann ging das normale Leben beruhigend unverändert weiter. Zumindest ein Jahr, 8 Monate und 10 Tage. Bis zu dem schweren Tag, den wir im Rückblick wohl leider als den tatsächlichen großen Einschnitt am Jahrtausendwechsel betrachten müssen. Als sich das normale Leben danach allmählich wieder aus seiner Lähmung erhob, ging es beunruhigend anders weiter.
Soviel zur Goldenen Zukunft ® und zur weltverändernden Bedeutung der vollmondig schön anzusehenden großen runden Zahlen.

Wenn man genau hinsieht, gibt es vermutlich jede Menge besondere Zahlen und Zeitpunkte, die einfach so verstreichen, ganz ohne Rampenlicht und Weltapplaus. So zum Beispiel in der Nacht zum Valentinstag dieses Jahres die Sekunde 1234567890. Wie bitte?

In den meisten heutigen Computersystemen gibt es ein Zeitmaß, das über die Grenzen von Programmiersprachen, Betriebssystemen und Zeitzonen hinweg als einheitlicher Bezugsrahmen dient: die fortlaufend gezählten Sekunden seit dem 1.1.1970, 0 Uhr UTC, die sogenannte Unixzeit.
Und von diesen Sekunden sind am 14.2.2009 um 0:31:30 Uhr eben gerade 1234567890 vergangen. Was für eine Zahl, so schön wird's nie wieder.
Bei 1000000000 war übrigens "die Welt noch in Ordnung" - das war etwa zweieinhalb Tage vor 9/11.
Der nächste ähnlich spektakuläre Wert sind wohl die runden 2 Milliarden. Und zwar am... ach, rechne selbst wer mag. Oder lass rechnen. Oder frag Wikipedia. Oder guck auf die Uhr, bis es soweit ist.

Und wer hat am 14.2. dran gedacht und in jener kostbaren Sekunde ehrfürchtig innegehalten? Na? Eben. Genau. Siehste. Auf heise.de gerade mal drei Zeilen. Traurig.
Dabei hatte dieses großartige Ereignis gegenüber der "Jahrtausendwende" sogar noch den Erhabenheitsvorteil, tatsächlich weltweit gleichzeitig stattzufinden. Wir hätten alle, alle gemeinsam anstoßen können. Und nicht (wie unfeierlich!) dass der eine schon den Böllermüll zusammenfegt, während die andere erst den Sekt kaltstellt.
Tja. Ich hab's leider verpasst.

Mittwoch, 18. Februar 2009

B*e*e*e*d

Nun soll es allen Ernstes auch noch einen Film dazu geben. Aufgeschreckt durch die Tageszeitung von Montag habe ich mich im Netz auf Spurensuche gemacht. Wo kommt dieses Filmgerücht her? Und wer ist dieser Achim Held? Wikipedia zeigt mir keinen Artikel zu seinem Namen, sondern stattdessen...
Stoße schon bald auf einen Spiegel-Online-Artikel von Freitag, dem 13. (!) Kann der echt sein? Oder doch nur eine weitere Nebelkerze von IHNEN, mit der SIE das hier geschickt verharmlosen wollen?
Wer steht hier eigentlich auf welcher Seite? Mancher munkelt gar, ich wäre als Informatikstudent aus Kiel in diese "Stadt" gezogen. Wollen SIE mich mit Achim H. in Verbindung bringen? Ich kenne diesen Menschen nicht! Wem kann ich noch trauen? Sehen wir klarer, wenn wir herausfinden, wie das alles mal anfing?

Sonntag, 15. Februar 2009

Drachen Pastor Reise Bett

Ende August letzten Jahres durften wir zu Hause den vielreisenden Überregionalpastor Carsten Hokema beherbergen, als er in und mit der HoKi geworkshopt hat. Seitdem gucke ich in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder bei seinem Blog auf ewigKITE.de vorbei. Heute war ich nach längerer Pause mal wieder da und entdecke in der himmlischen Blauzone zwischen Trash und Kunst, die dem Leben Leichtigkeit gibt, ein wunderbares Kleinod: die reisepastorale Bettengalerie. Schwer kultverdächtig.

Donnerstag, 12. Februar 2009

Aussie Wall (Zeitreise 2)

Während Jantje downunder im Regen kopfsteht, verbringe ich hier einen schönen Abend mit einer Handvoll Aussies und lauter Musik: The Australian Pink Floyd Show spielt The Wall.
Bin also wieder mal auf Zeitreise, diesmal mit 30 Jahren sogar noch ein Stück weiter als beim letzten Mal, und sozusagen erster Klasse: TAPFS spielen vor voll bestuhlter Stadthalle, was - freundlich umschrieben - nicht unbedingt von Vorteil ist. Ich brauche etwa eine Stunde, um mich daran zu gewöhnen. Aber es ist auch kein reinrassiges Rockkonzert, die Show hat durchaus auch was von Kino, Musical, Rock-Oper.

Die Bühnenshow bleibt konsequent in der Wall-Story, allein die mehr oder weniger unauffällig in die Videosequenzen hineingeschmuggelten Kängurus markieren augenzwinkernd: "Wir spielen Pink Floyd, wir sind es nicht." Im Hotelzimmer im Video hängt ein Bild vom Sydney Opera House.

In der zweiten Hälfte nimmt der Konzertcharakter zu, die großflächige Videoprojektion wird zunehmend von der Light&Laser-Show überstrahlt und das Darstellen vom Musizieren. Nach dem Fall der Mauer beginnt mit "Shine on You Crazy Diamond" ein dreiviertelstündiger Zugabenblock, und jetzt sind die Stühle wirklich fehl am Platz.

Sonntag, 8. Februar 2009

Faltjahr

Gestern bin ich mit zwei lieben Mitmenschen kunstatmoshäreschnuppernd durch die Ausstellung der Diplom- und Masterarbeiten des Fachbereichs Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld (warum bekommt die Ausstellung eigentlich (wo da doch Kommunikationsdesign gelehrt wird) nicht endlich mal einen kurzknackigen Namen?) gebummelt.
Einer meiner persönlichen Favoriten in diesem Semester war (nicht nur wegen des gelungenen Namens) das Faltjahr von Johann Volkmer, das er folgendermaßen vorstellt:

Der Jahreskalender Faltjahr besteht aus 12 DIN A3 großen monochromen weißen Papierobjekten, die sich als monatlich austauschbare Wandskulpturen einsetzen lassen.
Unterschiedliche Pop-up-Mechanismen generieren dreidimensionale Objekte, die durch Lichtverhältnisse und die Wechselwirkung von Licht und Schatten grafische Räume herstellen.
Kinetische Strukturen wecken im Betrachter die Neugier, den Aufbau und die Funktionsweise der Skulpturen genauer zu analysieren.


Wie wahr! Das wäre auch als Bausatz durchaus interessant, würde sicherlich ganz besondere Aha-Erlebnisse auslösen.

Samstag, 7. Februar 2009

Happy Aua 2

Habe mich an den letzten Abenden an diesem gar köstlichen Buch erfreut. Zusammenstöße mit der Schriftsprache bis an die Schmerzgrenze. Nochmal ein herzliches Dankeschön: so ein tolles Geschenk! So schöner Deutsch! Kostproben gefällig?

Eines meiner persönlichen lieblings Themen in diesem zusammen Hang sind die vielfältigen, oft überraschend kreativ genutzten Möglichkeiten, zusammen gesetzte Wörter zu schreiben. Gelobt sei die Rechtschreibreform, die uns dafür ganz neu die Augen geöffnet hat! Nicht nur ich selbst schreibe ja meist allein, auch vielen anderen Menschen scheint es schwer zu fallen, Wörter zusammen zu schreiben.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Der Spion, den wir lieben

Aber das wär' doch nicht nötig gewesen...
Kaum vertraue ich mich mit ein paar persönlichen Blogspot-Worten den starken Armen des oftsogenannten Datenkraken an, schon titelt niemand geringeres als Die Zeit lautbunt:

Google - Der Spion, den wir lieben
Google weiß alles.
Der Internetgigant aus Kalifornien macht uns das Leben leicht.
Zugleich aber folgt er uns im Netz auf Schritt und Tritt
- nun auch über das Google-Handy

und bringt im Wirtschaftsteil einen Themenschwerpunkt mit den Titeln
"Google weiß, wo du bist", "Nichts zu verbergen" und "Homo Faber 2.0". Das passt jetzt aber wie die Faust um die Maus. Nein, mein nächstes Handy wird kein G1. Watch it!
<Nachtrag>
Dieser Heise-News-Artikel schreit ja geradezu danach, an dieser Stelle erwähnt zu werden. Es sei ihm gewährt.
</Nachtrag>


Dienstag, 3. Februar 2009

Script for a Jester's Tour (Zeitreise 1)

Kontrastprogramm: am Abend nach dem Softjazzpop in der HoKi gab's Neo-Prog im Movie.
Nach der unmissverständlichen Ankündigung, dass hier ein silbernes Jubiläum gefeiert wi
rd, hätte ich eigentlich drauf gefasst sein müssen - beim ersten Anblick des wartenden Publikums traf mich aber doch ein leichter Schreck: bin ich denn wirklich schon soo alt?
Nein, die Mit-Fans, die mir besonders auffielen, hatten mir wohl noch locker ein Jahrzehnt voraus, Altersgenossen des Marillion-Gründungsmitglieds auf der Bühne, stämmige Rock-Opas mit angegraut wehender Mähne, die das Ziel unserer zweistündigen Zeitreise schon im Original miterlebt hatten. Ebenfalls auffällig war der Frauenanteil im Publikum - erinnerte mich stark an mein Informatik/Physik-Studium. Die Szenerie kam mir schon etwas skurril vor. Mag aber auch daran gelegen haben, dass der wahrscheinlich durchaus treffend nachempfundene Frontmann Fish einfach nicht so mein Stil war.
Die Musik
allerdings habe ich am ganzen Leib genossen.

Sonntag, 1. Februar 2009

in motion in HoKi

Beim Reinhören in ein paar Kennenlernschnipsel noch gedacht: "Najaa... doch'n bisschen seicht irgendwie, eher nicht so mein Ding, so'n Instrumentalsoftjazzpop". Dann standen die Umstände günstig, und ich bin doch mitgegangen. Und hab's genossen. Und nebenbei noch jede Menge Fotos geschossen. Oder umgekehrt? Live war's einfach doch was ganz anderes als von Konserve, und die drei waren ziemlich live. Spielfreudig, persönlich, offen.

Samstag, 31. Januar 2009

Jetzt auch noch bloggen?

Wann soll ich das denn noch machen? Geht ja gar nicht.
Andererseits: muss man alles mal ausprobiert haben.
Betrachte das hier im Moment mehr so als Proof-of-Concept. Will ja nicht dumm sterben.
Ansonsten ist meine Online-Heimat (welch absurder Begriff) bis auf Weiteres wohl doch eher
hier.